Heinz Hachel
Nach der Ausbildung zum Werbekaufmann studierte der gebürtige Düsseldorfer Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Politologie. In Aufsätzen und Vorträgen beschäftigte er sich mit dem Themenkreis Rechtsextremismus. Später arbeitete er als Projektleiter in Internetagenturen. Heute betreibt Heinz Hachel eine Online-Galerie und ist als Kunstvermittler in einer Skulpturenhalle nahe Düsseldorf tätig.
Interview mit dem Autor
»Bruders Wahn« spielt im Jahr 2013, die Geschichte wirkt aber überraschend aktuell.
Heinz H.: Ja, er passt in diese Zeit, obgleich ich den Plot bereits 2010 entwickelt habe. Dann Schublade, sporadisches Schreiben, wieder Schublade. Und so hat sich das Projekt über etliche Jahre hingezogen. Jahre, in denen in Deutschland und der Welt viel passiert ist.
Zum Beispiel Fake News, Querdenker und Trumpismus.
Heinz H.: Genau. Worauf der Roman aber ganz generell abhebt, ist das Brüchigwerden von gesellschaftlicher Wirklichkeit. Und dazu braucht es kein Internet, keine Echokammern und Filterblasen. So etwas funktioniert auch ganz analog. Denken Sie nur an Glaubenssysteme, die Menschen in zuweilen recht skurrile Vorstellungswelten entführen.
In Ihrer Geschichte spielt die Anthroposophie eine nicht unwesentliche Rolle. Warum?
Heinz H.: Das hat gewissermaßen biografische Gründe. In den 80er war ich bei den Düsseldorfer Grünen und habe dort einen Joseph Beuys erleben dürfen. Anfang fand ich seine Monologe auch recht interessant. Irgendwann aber habe ich mir gesagt: Irgendetwas stimmt da nicht. Aber so gar nicht! Damals studierte ich in Duisburg Sozialwissenschaften und beschäftigte mich gerade im Rahmen eines Seminars mit der Steiner’schen Weltanschauung, einem im Kern recht düsteren völkischen Gebräu. Natürlich wusste ich, dass Beuys Anthroposoph war, und plötzlich konnte ich seine ganzen verschwurbelten Äußerungen kontextualisieren. Gruselig. Vor einigen Jahren lernte ich dann im Rahmen eines Kunstprojektes Albert Markert kennen, der zusammen mit Frank Gieseke die erste kritische Beuys-Biografie »Flieger, Filz und Vaterland« geschrieben hatte. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich habe mich immer mal wieder mit der Anthroposophie und Beuys beschäftigt und die Steiner’sche Weltspekulation dann als atmosphärische Grundierung für einen Krimi Noir verwendet.
Warum ein Krimi und kein Sachbuch?
Heinz H.: Nun ja, es sind eine Menge Sachbücher auf dem Markt, die sich kritisch mit der Anthroposophie und zunehmend auch mit Beuys auseinandersetzen. Da wollte ich nicht auch noch eins schreiben. Also habe ich die Form der fiktiven Erzählung gewählt, die …
… tief in die Abgründe einer pathologisch eskalierten Weltanschauung hinabführt.
Heinz H.: Ja, straight in den Kopf eines Serienkillers. Doch es geht natürlich um viel mehr. So kann der Roman durchaus als Metapher für die Brüchigkeit unserer Zivilisation gelesen werden. Aber mehr sollten wir an dieser Stelle nicht verraten.